Drama
Ad spectatores [lat. ´zu den Zuschauern´] Fiktionsexterne Anrede des Publikums durch eine fiktive Bühnenperson.
Akt Größte Gliederungseinheit im Drama; Verknüpfung von mehreren Szenen, die in der Regel einen zusammenhängenden Abschnitt der Handlung mit einem eigenen inhaltlichen Akzent bietet und bühnentechnisch durch Pausen und/oder das Öffnen und Schließen des Vorhangs markiert wird.
Anagnorisis [griech. Wiedererkennen; auch »Erkennungsszene«] Fiktionsinternes Erkennen zwischen zwei oder mehr Bühnenpersonen in ihrer wahren, zuvor verkannten oder auch verstellten Identität.
Analytisches Drama Schauspiel, dessen Geschehen in der szenischen Aufklärung eines vor Handlungsbeginn abgeschlossenen Vorgangs besteht.
A parte [lat. beiseite] Fiktionsinternes, in den Dialog eingeschaltetes Monologfragment einer Bühnenperson.
Apotheose [griech. Vergöttlichung] Enthüllung des verkannten Göttlichen oder Verklärung des Menschlichen zum Göttlichen am Ende eines Dramas.
Auftritt [in der französischen Tradition häufig auch gleichverwendet »sccne« oder »Szene«] Kleinste Gliederungseinheit im Drama, deren Anfang und Ende durch einen wenigstens teilweisen Konfigurationswechsel gekennzeichnet werden.
Beschreibungen im Nebentext Explizite Informationen. Der Nebentext bietet (quasi 'auktoriale') Beschreibungen (Physiognomik, Gestik, Mimik, soziale Rolle, Bühnenaktionen, Situationen etc.) einer Figur schon im Personenverzeichnis ('dramatis personae') des Stückes, oder auch in den einleitenden Regieanweisungen zu einzelnen Akten, Szenen oder Auftritten, oder auch in eingestreuten Regieanweisungen zum Haupttext.
Beziehungsstil Implizite Informationen. Für ihr Verhältnis charakteristische Redeweise von Figuren zu einer oder über eine andere fiktive Gestalt in Anwesenheit der betreffenden Figur oder in Abwesenheit der betreffenden Figur.
Botenbericht Fiktionsinterne Vermittlung eines bereits abgeschlossenen Geschehens außerhalb der Bühne durch eine Bühnenperson.
Charakter Durch große Merkmalsdichte und -komplexität individualisierte, durchaus auch widersprüchlich profilierte Figur in dramatischen oder epischen Dichtungen.
Charakterkomik Erheiternde Wirkung individueller, aber durch Wiederkehren karikierend übertriebener Absonderlichkeiten einer einzelnen Bühnenperson.
Deus ex machina [lat. Gott aus der (Theater-) Maschinerie; ähnlich auch »coup de théâtre«, »Theatercoup«] Dramatisch nicht motiviertes Auftauchen oder Eingreifen von rettenden Figuren oder gar höheren Gewalten in den Gang der fiktiven Handlung.
Dialog [griech. dialogos: Unterredung] Wechselrede zwischen fiktiven Personen im Drama.
Dialogkomik Erheiternde Wirkung witziger Beziehungen zwischen den Wechselreden mehrerer Bühnenpersonen.
Drei Einheiten Extremfall der Geschlossenen Dramenform: lückenlose zeitliche Abfolge von funktional verknüpften szenischen Handlungselementen am selben Ort des Geschehens (Einheit von Zeit, Ort und Handlung)
Epilog [griech. epilogos: Nachwort] Fiktionsexterner oder zumindest deutlich vom fiktionalen Geschehen der Haupthandlung abgesetzter Abschluß eines Dramas.
Episches Theater Theaterform, die die illusionsbildende Unmittelbarkeit des herkömmlichen (nach Brecht oft 'aristotelisch' genannten) Theaters durch Fiktionsdurchbrechungen (z. B. in Form einer vermittelnden oder kommentierenden 'Erzähler-' oder 'Spielleiterfigur') und andere theatertechnische (Beleuchtung, Dekoration) oder im Dramentext festgelegte (z. B. Songs) Verfremdungs-Effekte vermeidet.
Exposition [lat. expositio: Ausstellung, Darlegung] Information des Zuschauers über Hauptpersonen und Grundsituation eines Dramas sowie über Ereignisse, die (fiktionsintern) zeitlich vor dem Aufgehen des Vorhangs liegen. Figuralstil Implizite Informationen. Charakteristische Redeweise einer fiktiven Gestalt.
Fremd-thematisierung Explizite Informationen. Thematisierung einer Figur durch andere Figuren, und zwar vor dem ersten Auftritt der thematisierten Figur, nach dem ersten Auftritt der thematisierten Figur, in Anwesenheit der thematisierten Figur oder in Abwesenheit der thematisierten Figur.
Geschlossene Dramenform Im Gegensatz zur 'Offenen Dramenform' szenische Vermittlung eines exemplarischen Geschehens als geschlossenes Ganzes, und zwar als enger funktionaler Zusammenhang aller Teile der dramatischen Sukzession, sodaß Weglassen, Austauschen oder Verschieben einzelner Szenen nicht ohne gravierende Folgen möglich sind.
Haupttext Teile einer dramatischen Dichtung, die auf der Bühne gesprochen werden.
Katastrophe [griech. Abwärtswendung] Schlimmer Ausgang einer Tragödienhandlung, traditionell durch den Tod mindestens eines der positiven Protagonisten.
Katharsis [griech. Reinigung; Betonung auf 1. Silbe!] Abfuhr von Emotionen durch den Mitvollzug des fiktionalen Geschehens einer Tragödie, insbesondere von (bzw. durch) 'Furcht und Mitleid'.
Konfiguration Jeweilige Zusammenstellung von Bühnenpersonen in einer Handlungsetappe des Dramas. Die Veränderung der Konfiguration heißt »Konfigurationswechsel«.
Korrespondenz und Kontrast Implizite Informationen. Äquivalenzen und Oppositionen zwischen Figuren werden nicht ausdrücklich formuliert, aber durch Merkmalzuordnung im Nebentext deutlich.
Monolog [griech. monos/logos: Alleinrede] Vom Zuschauer hörbare, aber nicht an ihn oder an andere Bühnenpersonen adressierte Rede im Drama. Namengebung Implizite Informationen. Sprechende, klangsymbolische, klassifizierende o.ä. Namen deuten Besonderheiten von Figuren an.
Nebentext Teile einer dramatischen Dichtung, die mitgedruckt, aber nicht auf der Bühne gesprochen werden (Titel, ggf. Widmung oder Vorrede, Verzeichnis der 'dramatis personae', Angaben zu Ort und Zeit, Regieanweisungen zu Bühnenbild und Kostümen sowie zur Spiel- und Sprechweise etc.).
Offene Dramenform Im Gegensatz zur 'Geschlossenen Dramenform' szenische Vermittlung eines Geschehens in Ausschnitten, wobei in der dramatischen Sukzession einzelne Ausschnitte auch ohne gravierende Folgen weggelassen, ausgetauscht oder verschoben werden können.
Peripetie [griech. Umkehrung, Wendung] Dramatisches Handlungselement, das eine zuvor angebahnte Entwicklung auf ein gutes bzw. auf ein schlimmes Ende hin zunichte macht. In der streng gebauten fünfaktigen Tragödie findet sich die Peripetie am Schluß des 3. oder am Anfang des 4. Aktes.
Prolog [griech. prologos: Vorrede] Fiktionsexterne oder zumindest deutlich vom fiktionalen Geschehen der Haupthandlung abgesetzte Einleitung in ein Drama.
Pyramidal gebautes Drama Konventionelle Tragödie in Geschlossener Form, deren Handlungsverlauf mit den Elementen 'Exposition', 'Steigerung', 'Höhepunkt', 'Peripetie' und 'Katastrophe' sich die zur Spitze ansteigende und dann wieder abfallende Seitenansicht einer Pyramide schematisierend unterlegen läßt. Retardierung [lat.-frz. Hinauszögerung; ähnlich verwendet auch häufig »Retardierendes Moment«, »Retardation« »Moment der letzten Spannung«] Dramatisches Handlungselement, das - im Gegensatz zum 'Erregenden' oder 'Steigernden' Moment - zeitweilig Hoffnungen auf Abwendung der Katastrophe weckt.
Selbst-thematisierung Explizite Informationen. Thematisierung einer Figur in einem (uneingeschränkt 'verläßlichen') Monolog oder Monologfragment, in einer (weniger 'verläßlichen', da möglicherweise auf Verstellung beruhenden) Dialogrede dieser Figur.
Situationskomik Erheiternde Wirkung physischer Bühnenaktionen. Sprachkomik Erheiternde Wirkung witziger Formulierungen innerhalb der Reden einer einzelnen Bühnenperson.
Ständeklausel Literarhistorische - mindestens bis zur Mitte des 18. Jhs. geltende - Dramenkonvention, die tragische Handlungen (wegen der für erforderlich gehaltenen 'Fallhöhe') nur sozial hochstehenden, komisch-lasterhafte Handlungen dagegen nur sozial tiefer stehenden Bühnenpersonen zubilligt.
Sukzession [lat. Abfolge] Gesamtheit der Informationsvergabe eines Dramentextes in ihrer zeitlichen Anordnung; sie bestimmt somit den dargestellten Handlungsgang und den Spannungsverlauf des Dramas.
Szene [in der französischen Tradition häufig auch gleichverwendet »acte« oder »Akt«] Mittlere Gliederungseinheit im Drama; Verknüpfung mehrerer Auftritte, deren Ende durch den Abgang aller Figuren (vollständiger Konfigurationswechsel) und/oder die Unterbrechung der raum-zeitlichen Kontinuität markiert wird.
Teichoskopie [griech. Mauerschau] Fiktionsinterne Vermittlung eines gerade ablaufenden Geschehens außerhalb der Bühne durch eine Bühnenperson. Thematik Implizite Informationen. Charakteristische Bevorzugung bestimmter Inhalte.
Typenkomik Erheiternde Wirkung wiederkehrender, karikierend übertriebener Absonderlichkeiten einer Bühnenperson, die darin eine Gruppe repräsentiert.
Typus [griech. typos = Schlag, Abbild, Muster] Figur in dramatischen oder epischen Dichtungen, die durch wiederkehrende Merkmale eine Gruppe repräsentiert.
Verfremdung Künstlerische Abweichung vom alltäglich Gewohnten Verfremdungs-Effekt [häufig auch »V-Effekt«; nicht zu verwechseln mit dem rein systematisch-poetologischen Begriff der »Verfremdung«] Abweichung vom künstlerisch Gewohnten, insbesondere von literar- oder theaterhistorischen Quasi-Normen zur theatralischen Desillusionierung.
Verwechslungs-komik Erheiternde Wirkung einer vom Publikum durchschauten Täuschung über die Identität einer Bühnenperson, und zwar durch Irrtum oder durch Verstellung.
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