Bundeshauptstadt Berlin
Die in diesem Text angegebenen Details entsprechen in einigen Fällen nicht mehr dem aktuellen Stand der Planung (Februar 1995).
Nach den Planungen und politischen Erklärungen des Deutschen Bundestages und der Bundesregierung ist davon auszugehen, daß Berlin in der zweiten Hälfte der 90er Jahre die Arbeitsstätte dieser Verfassungsorgane wird. Dies entspricht den Festlegungen des Einigungsvertrages sowie dem Beschluß des Deutschen Bundestages vom 20. Juni 1991.
Bei der Vorbereitung und Durchführung des Umzugs arbeiten der Bund und das Land Berlin eng zusammen, wie es im Hauptstadtvertrag, den der Bundeskanzler und der Regierende Bürgermeister von Berlin im August 1992 im Berliner Rathaus unterzeichnet haben, festgelegt ist. Mittlerweile hat ein "Gemeinsamer Ausschuß Bund-Berlin" seine Arbeit aufgenommen. Er nimmt die Abstimmung in allen Hauptstadtangelegenheiten wahr.
Für den Umzug von Bundestag, Bundespräsident und Bundesregierung nach Berlin werden viele vorhandene, dem Bund gehörende Gebäude genutzt werden können. Dennoch müssen auch neue Bauten entstehen. Zwar wird das Reichstagsgebäude das Zentrum der Arbeit des Deutschen Bundestages und der Tagungsort seines Plenums sein, aber er umfaßt gerade 10% der Fläche, die der Deutsche Bundestag in Berlin nutzen möchte.
Damit ergibt sich für die Deutschen zum ersten Mal die Chance, ein Parlaments- und Regierungsviertel demokratisch zu planen. Dies ist ein Ereignis von nationaler Bedeutung. Entsprechend groß ist die Resonanz in der Öffentlichkeit.
Ziel der Planungen ist es, die Hauptstadtfunktionen so zu integrieren, daß Stadt und Politik einander befruchten. Keine abgeschlossene Trutzburg soll entstehen, sondern Stadtgebiete mit gemischter Nutzung, in denen der Bürger sich und seine demokratische Identität wiederfinden kann. "Demokratie als Bauherr" ist das Stichwort.
Die Hauptstadtplanungen umfassen drei Schwerpunkte: den Spreebogen vor und neben dem Reichstagsgebäude, der für diesen Fall seit Ende des Krieges von Bauten freigehalten wurde, die Spreeinsel , auf der ursprünglich einmal das Berliner Stadtschloß stand und die schon durch ihre attraktiven Museen verhindert, daß sie ein "Regierungsghetto" wird, und den Bereich der Leipziger Straße, in dem schon früher Regierungsfunktionen untergebracht waren.
Im Spreebogen wird der Deutsche Bundestag seinen Sitz haben. Außerdem wird sich dort - in einer Sichtachse zum Parlament - das Bundeskanzleramt befinden. Auch die Bundespressekonferenz soll in unmittelbarer Nähe zum Parlament untergebracht werden. Für den Bundesrat, der 1991 beschlossen hat, vorläufig in Bonn zu bleiben, diese Entscheidung jedoch in einigen Jahren noch einmal zu überprüfen, soll ebenfalls Platz im Spreebogen sein. An dem städtebaulichen Wettbewerb für dieses Gebiet hatten sich über 800 Architekten und Planer aus 44 Ländern beteiligt. Sieger wurde der Berliner Architekt Axel Schultes.
Direkt neben dem Wettbewerbsgebiet, auf dem Moabiter Werder, entstehen 600 Wohnungen vorzugsweise für Abgeordnete und Bundesbedienstete. Nicht weit davon, im Schloß Bellevue, befindet sich der Berliner Amtssitz des Bundespräsidenten. Südlich des Schlosses wird das Bundespräsidialamt errichtet werden.
In der Mitte Berlins werden das Auswärtige Amt, ein Konferenzzentrum und eine Bibliothek von nationaler Bedeutung angesiedelt werden. Das Innenministerium wird seinen Sitz in der ehemaligen Reichsbank (später: Sitz des Zentralkomitees der SED, dann: Haus der Parlamentarier) nehmen.
Ein weiterer Schwerpunkt der Regierungstätigkeit wird im Umfeld der Leipziger Straße liegen, in dem es mehrere große Verwaltungsgebäude in Bundesbesitz gibt. In den Sitz der Treuhandanstalt, die das ehemalige Volkseigentum in der DDR privatisiert und die in den nächsten Jahren ihre Aufgabe im wesentlichen erledigt haben wird, zieht das Bundesministerium für Wirtschaft ein.
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